Zivilcourage

Schikane im Schulbus, eine Rangelei auf dem Bahnsteig, jemand wird auf dem Schulweg verprügelt …

„Eigentlich würde ich jetzt gerne helfen, aber...“
„Was geht mich das an? Ich will gar nicht hier sein. Wieso hilft da keiner? Ich habe Angst!“
„Bin ich jetzt auch so ein Gaffer wie all die anderen neben mir?“

Bei vielen Menschen sind es solche oder ähnliche Gedanken und Gefühle, die in so einer Situation aufkommen. Doch wie würden Sie sich fühlen, wenn Sie in einer derartigen Situation stecken und niemand kommt zu Hilfe?

Jeder kann Opfer einer Straftat oder sogar Gewalttat werden. Aber sowohl Opfer als auch Unbeteiligte können sinnvoll eingreifen. Mut kann jeder lernen! Und mit anderen Mutigen kann man gemeinsam stärker sein.

Fakten

Im Strafgesetzbuch wird das Wort „Zivilcourage“ nicht erwähnt. Doch trotzdem sind wir alle vom Gesetz her zur Hilfe bei Notlagen verpflichtet.

In § 323c StGB heißt es, dass wir bei Gefahr oder Not Hilfe leisten müssen. Die Hilfe muss uns als Helfer aber zumutbar sein und wir sollen uns dabei nicht selbst in Gefahr bringen.

Doch was ist zumutbar? Zumutbar ist alles, außer eine erhebliche Gefährdung der eigenen Gesundheit.

Und was ist, wenn man nicht hilft? Ist das moralisch verwerflich? Sicherlich wird man sich noch eine ganze Weile nicht gut fühlen, weil man nicht eingeschritten ist und das Opfer durch das eigene Nichthandeln zu Schaden gekommen ist.

Wer also ohne sich selbst in Gefahr zu bringen helfen könnte und dies nicht tut, hat neben einem schlechten Gefühl mit einer Gefängnis- oder Geldstrafe zu rechnen.

Man sollte daran denken, dass man in den meisten Situationen zumindest Hilfe oder die Polizei holen bzw. rufen kann, ohne sich selbst in Gefahr zu bringen!

„Was ist, wenn ich als Helfer verletzt werde“?

Oder:

„Mist, die neue Jacke, das gibt riesen Ärger Zuhause, hätte ich lieber weggeschaut und nicht geholfen!“

Diese Gedanken könnten auftauchen, wenn jemand anderes Hilfe benötigt. Doch dabei ist es wichtig zu wissen: Jeder Helfer, der sich für ein friedvolles Zusammenleben einsetzt, ist grundsätzlich gesetzlich (§ 2 SGB VII) geschützt.

Es gibt sogar ein Opferentschädigungsgesetz. Dieses Gesetz ist dafür da, wenn der Helfer plötzlich selbst zum Opfer werden sollte.

Also, nicht wegschauen!

Die Jacke wird ersetzt! Vergessen sollte man aber nicht: Niemand erwartet, dass ein Helfer seine Gesundheit aufs Spiel setzt!. Man sollte sich als Helfer Mitstreiter suchen oder mit dem Handy die Polizei unter 110 rufen.

Betroffene und Beteiligte

Ganz oft sind es nur Kleinigkeiten und plötzlich finden sich Jugendliche in einer Opferrolle wieder. Zu klein, zu dick, eine andere Hautfarbe oder Sprache, die Kleidung oder die Leistungen in der Schule. Oder einfach nur "uncool" sein.

Aber alle Opfer haben eine wichtige Gemeinsamkeit: Sie fühlen sich in der Gesellschaft oft hilflos und alleine gelassen. Ihr Selbstwertgefühl lässt sie in manchen Situationen im Stich und macht sie dadurch mehr und mehr handlungsunfähig.

Bestimmt hat sich dein „Kopfkino“ schon eingeschaltet. Bilder von deinem Schulhof, aus der Klasse oder in der Fußgängerzone deiner Heimatstadt sind dir in den Sinn gekommen.. Möglicherweise bist du auch schon Zeuge oder sogar Opfer von Beleidigungen, Pöbeleien oder körperliche Gewalt gewesen. Erinnerst du dich noch an dieses schlimme Gefühl? Egal ob du ein Opfer oder ein Zeuge einer Straftat bist oder warst, ein Handeln ist in diesem Moment dringend erforderlich.

Jeder kennt sie, und am allerliebsten geht man ihnen aus dem Weg, um nicht selbst Opfer zu werden: Diejenigen, die oft schon wegen Kleinigkeiten aggressiv reagieren. Oftmals sind sie zusammen mit anderen unterwegs, und dann ist erst recht Zoff angesagt. Meist fühlen sich die Täter total gut dabei, ihre Opfer öffentlich fertig zu machen.

Sie sind es, die anderen oftmals das Leben schwer machen oder sie nachts nicht schlafen lassen, weil sie wegen ihnen vielleicht Angst vor dem nächsten Tag haben.

Wenn du selbst gerne Schwächere fertig machst, um dich „größer“ zu fühlen, solltest du dein Verhalten dringend überdenken und dir versuchen vorzustellen, wie sich deine Opfer dabei fühlen. Außerdem machst du dich mit deinem Verhalten vermutlich strafbar und solche Situationen eskalieren nur zu leicht, sodass andere oft Schaden davon tragen. Dadurch begehst du vielleicht Taten, die du gar nicht wolltest.

Teamarbeit ist bei dir in der Schulklasse, im Sportverein oder in der Familie unverzichtbar. Um ein gemeinsames Ziel zu erreichen, sind dein persönliches Wissen, dein sportliches Talent oder einfach nur dein Dasein in unserer Gesellschaft gefragt.

Auch die Polizei ist auf deine Unterstützung angewiesen. Sie hat den gesetzlichen Auftrag, Straftaten zu verfolgen. Diese können von einem Gericht aber nur bestraft werden, wenn die Polizei Kenntnis von einer Straftat hat.

Oftmals passieren diese Straftaten in Bruchteilen von Sekunden. Das Handy wird geklaut, die Täter schlagen das Opfer ins Gesicht und verlassen in Windeseile den Tatort. Hier beginnt die Teamarbeit mit der Polizei. Ohne eine genaue Täterbeschreibung werden die Ermittlungen sehr schwierig. Kleinigkeiten in einer Zeugenaussage haben schon sehr oft die Täter überführt.

Deshalb: Melde der Polizei alles, was du gesehen hast, möglichst detailliert.

Eure Fragen zum Thema

Zivilcourage ist den meisten Menschen nicht einfach so in die Wiege gelegt. Du kannst das aber mit ganz einfachen Hilfsmitteln gemeinsam mit deinen Freunden oder in der Familie üben. Wie du das tun kannst, erfährst du unter Tipps.

Wichtig ist, dass du dich mit dem Opfer solidarisch erklärst. Demonstriere dem Täter, dass der oder die Angegriffene nicht alleine dasteht. Versuche in deiner nächsten Umgebung weitere Helfer zu gewinnen, denn gemeinsam seid ihr stärker als diese Täter.

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